Am Sonntagabend, 5. Oktober 2025, schloss ich mich der Reise des 'Forum Unna', "Rumänien: Land mit historischem Völkermix auf der Suche nach einer rumänischen Identität", an. In den nächsten fünf Tagen sollten die 25 Teilnehmenden und ich Hermannstadt, die Kirchenwehrburg der Siebenbürger Sachsen in Biertan, sowie Kronstadt und Bukarest vor Ort kennenlernen.
Am Montag, 6. Oktober, stand dabei ein Termin mit Winfried Ziegler, Geschäftsführer des Demokratischen Forums der Deutschen in Siebenbürgen an. Dieser Verband vertritt die politischen Interessen dieser deutschsprachigen Minderheit in Rumänien. Er wurde Ende 1989 während der Revolution in Rumänien gegründet.
Das Treffen mit Herrn Ziegler fand im repräsentativen Spiegelsaal der Geschäftsstelle statt. Der Historiker und evangelische Theologe erzählte, dass dieser Saal für den Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Mai 2019 renoviert worden war.
Klaus Johannis, Staatspräsident von Rumänien von 2014 bis 2025 und gebürtiger Siebenburger Sachse, empfing dort die deutsche Kanzlerin. Zuvor war er von 2000 bis 2014 Bürgermeister von Hermannstadt gewesen. In seinem Amt hat Johannis erreicht, dass Hermannstadt 2007 wie auch Luxemburg Kulturhauptstadt Europas wurde. Die Siebenbürger Sachsen kamen ja vermutlich im 12. Jahrhunderheit aus der Region rund um Luxemburg - Vor diesem Hintergrund sind die beiden Hauptstädte Europas im Jahr 2007 kein Zufall.
In seinem lebendigen Vortrag berichtete Winfried Ziegler über die Kultur und Bildungseinrichtungen der deutschsprachigen Minderheit in Rumänien heute. So gibt es die "Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien", die einzige deutschsprachige Tageszeitung in Mittel- und Osteuropa (Sitz in Bukarest) wie auch die "Hermannstädter Zeitung".
An der Universität von Hermannstadt kann man auf Deutsch Studienfächer wie Pädagogik und Evangelische Theoologie studieren. Das Gymnasium gegenüber der evangelischen Hauptpfarrkiche und die weiteren deutschsprachigen Schulen werden heute von 20.000 Schüler*innen besucht. Nur fünf Prozent davon stammen noch von der deutschsprachigen Minderheit. Zwischen 1989 und 1992 migrierten drei Viertel der Rumäniendeutschen nach Deutschland, sodass ihre Gesamtzahl in Rumänien heute nur noch 27.000 beträgt.
Auf die Fragen der Teilnehmenden, warum Winfried Ziegler nicht auch Rumänien verlassen habe und ob er sich als Rumäne oder Deutscher sehe, antwortete Ziegler, dass Hermannstadt seine Heimat sei. Hier gehöre er dazu, ohne sich erklären zu müssen. Hier hätte er das Recht, etwas zu verändern und sich einzubringen. Seine Identität sei vielschichtig: Er sei Siebenbürger Sachse, Rumäne, Deutscher und auch ein bisschen Österreicher.
Als Herr Ziegler mit seinem leicht rollenden 'R' seines siebenbürgischen Akzents sprach, überkam mich eine Gänsehaut. In dieser vertrauten Welt - wenn auch fern, aber nicht von gestern - sprach ein Humanist und Europäer. So soll es sein.
