"Und so habe ich also die letzten zwölf Jahre in der Casa Camuzzi gewohnt, Garten und Haus kommen im "Klingsor" und in anderen meiner Dichtungen vor. …… es [das Haus] war mehr das meinige als irgendeines der früheren, denn hier war ich nicht Ehemann und Familienvater, hier war nur ich allein zu Hause, hier hatte ich in bangen harten Jahren nach dem großen Schiffbruch mich durchgekämpft..., hier hatte ich viele Jahre die tiefste Einsamkeit genossen, und auch an ihr gelitten, hatte viele Dichtungen und Malereien gemacht, tröstende Seifenblasen, und war mit allem so verwachsen, wie ich es seit der Jugend mit keiner andern Umgebung gewesen war. Zum Dank habe ich dieses Haus oft genug gemalt und besungen, habe ihm viele Arten zu erwidern gesucht, was es mir gab und war".
Hermann Hesse: Beim Einzug in ein neues Haus, geschrieben 1931, Aus: "Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne", Berlin 2015
Auch dieses Wissen dämmerte aus vergangenen Tagen: Hermann Hesse (1877-1962) hat einst im Tessin in der Schweiz gelebt. Bekannt sind seine zarten Aquarell-Bilder, seine Hommage an das besondere Licht und die südländisch anmutende Landschaft mit Wort und Pinselstrich. Doch wo ist dieses Haus - und wie sieht es aus?
Wer sich auf die Suche nach der Casa Camuzzi begibt, wird zunächst nach Lugano, der größten Stadt des Kantons Tessin, reisen und sich damit in den südlichsten Gefilden der Schweiz aufhalten, in denen italienisch gesprochen wird (Chiasso, der südlichste Ort der Schweiz liegt nur 25 Kilometer von Lugano entfernt, danach ist man in Italien).
Von Lugano, farbenprächtig am gleichnamigen See gelegen, ist dann der etwa fünf Kilometer lange Weg nach Montagnola zu bestreiten, der Ortschaft, in der die Casa Camuzzi gelegen ist (übrigens fährt auch direkt von Lugano ein Bus).
Und dann hat man es vor sich, das Haus, in dem Hermann Hesse von 1919, kurz nachdem er sich von seiner Familie getrennt hatte, bis 1931 lebte. Es ist ein Palast!
Welch Glück, dass dort heute die "Stiftung Hermann Hesse Montagnola" mit einem Museum beheimatet ist. Das Arbeitszimmer, in dem Hesse einst wirkte, ist damit öffentlich zugänglich.
Und so war ich am 27.05.2017 in den Gemäuern, in denen einst Hermann Hesse gewirkt und unter anderem seine humanistisch pazifistischen Gedanken niedergeschrieben hatte. Im Arbeitszimmer befinden sich an den Wänden oder unter Glas auf dem Arbeitstisch Hesses Schriftstücke, die diese Weltauffassung bekunden.
Ebenso sind zahlreiche Korrespondenzen mit Politikern und Intellektuellen zu lesen, zu denen Walter Benjamin und Theodor W. Adorno gehören.
Hermann Hesse lebte in der Casa Camuzzi bis 1931. Dann zog er in die Casa Rossa, ungefähr zehn Gehminuten entfernt und ebenfalls in Montagnola gelegen. Dort wohnte Hesse mit seiner dritten Frau Ninon bis zu seinem Tod im Jahr 1962. Die Sommermonate verbrachte er ab 1949 in Sils Maria im Engadin. Dort hat ein großer deutscher Denker mehrere Jahre gelebt und gewirkt. Diesen Ort wollte ich auch unbedingt erkunden, wie ich es schon ins Gästebuch in Montagnola niederschrieb.