Mit Nerds durchs Silicon Valley

Das 'Silicon Valley' hatte ich mir wie ein großes Gewerbezentrum vorgestellt: Klinisch, geschäftstüchtig und abgeriegelt von der Welt stünden die Gebäude von Microsoft, Apple und Hewlett Packard konzentriert beieinander. So dachte ich's mir.

 

Die Realität ist anders. Das Silicon Valley erstreckt sich über 100 Kilometer südwestlich von San Francisco bis Santa Cruz. Damit gehört es zum Ballungsraum der zweitgrößten Stadt Kaliforniens, in dem die IT-Konzerne an verschiedenen Orten angesiedelt sind: Adobe hat seinen Hauptsitz in San José. "Googleplex" befindet sich von dort 30 Kilometer entfernt in "Mountain View", südlich von Palo Alto. Und Facebooks Zentrale im "Menlo Park" liegt nördlich von Palo Alto, der bedeutsamen Stadt des Silicon Valley, wo die Stanford University ihren Campus hat. Von dort entwickelte sich die Region zum Hightech-Standort Nummer eins seit Mitte des 20. Jahrhunderts.

Die Passagiere mit mir im Zug, die in Palo Alto zustiegen: Junge Typen von Mitte 20 bis Anfang 30. Sie alle starrten gebannt auf ihren Bildschirm und tippten. Im Caltrain und in allen anderen öffentlichen Verkehrsmitteln gibt es Wireless-Lan (wenn nicht hier, wo sonst?).

 

Und so hatte ich sie leibhaftig vor mir: Die Nerds, die die Algorithmen von Facebook und Google bestimmen. Profan im Zug, nach getaner Arbeit (an einem Sonntag). Und mächtiger als manch ein Politiker im weit entfernten Europa, der versucht, die Datensammelwut der entgrenzten Digitalkonzerne zu bändigen. 

Der Junge, der Hermann Hesses "Demian" in Papierausgabe las, war da eine wahre Ausnahme. Mit ihm hatte ich im Bus von Santa Cruz nach San José gesessen, von wo ich dann den Caltrain nach San Francisco genommen hatte.

In der Stadt der Golden Gate Bridge

Und somit hatte ich sie erreicht: Die Stadt, die bekannt ist für die Hippies von 1968, die steilen Hügel, die gelben Zahnradbahnen und die rot angestrichene Hängebrücke, die die Grenze zwischen dem Pazifik und der Bucht von San Francisco markiert. Seit 1846, seit dem Goldrausch in Kalifornien, wird die Bucht "Golden Gate" genannt. Damit ist klar, woher die 'Golden Gate Bridge' ihren Namen hat. Zu ihr wollte ich am nächsten Tag.

 

Dass ich über die Brücke mit fünf Jungs radeln würde, die aus Hong Kong, Sao Paolo (Brasilien), der Schweiz und zweimal Deutschland kommen, hatte ich mir selbst 24 Stunden vorher nicht vorstellen können. Doch so kam's: Am Morgen hatten wir alle an einer 'Walking Tour' teilgenommen. Dabei hatte uns die Studentin Nathalie durch die Chinatown geführt, die die größte chinesische Ansiedlung der Welt außerhalb Asiens und die älteste der USA ist.

 

Die fünf Jungs wollten wie ich nach der Tour, die am Pier von San Francisco endete, zur Golden Gate Bridge. Oliver aus Stuttgart hatte den Einfall, Fahrräder zu mieten und damit über die 2737 Meter lange Brücke zu fahren. (So trifft man auch auf der anderen Seite der Welt auf den Einfluss der Grünen im "Ländle").

 

Olivers Idee realisierten wir kurzentschlossen. Wir liehen uns Räder, mit der wir gemächlich die Bucht entlang fuhren. Bei bestem Wetter (und unvernebelter Sicht auf die Brücke) hielten wir an, um Fotos zu schießen. Mit Luis aus Brasilien hatten wir einen professionellen Fotografen unter uns. Patrick aus der Schweiz, der sieben Monate durch die USA reiste, wollte aus seinem Trip einen Film machen. Und auch ich musste natürlich die mächtige Brücke fotografieren, die für mich das ultitmative Ziel meiner Reise bedeutete.

Nachdem wir über die Golden Gate Bridge geradelt waren, setzten wir mit der Personenfähre von Sausalito über zurück nach San Francisco. Die Sonne ging dabei unter. Alles war in ein goldenes Licht gehüllt.

Wir alle stimmten damit überein: Das war ein wahnsinnig geglückter Tag in San Francisco!!